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Festivalbericht - Baden in Blut 2023

BADEN IN BLUT 2023

FESTIVALBERICHT

Baden in Blut Open Air Logo
Quelle: Baden in Blut Open Air

BADEN IN BLUT Festival  2023 @ Weil am Rhein - 21.-22.07.2023

 

Das “Baden in Blut” Festival öffnete erstmals im Jahre 2005 im Lörracher Grüttpark seine Bühne und startete damals vor etwa 350 Besuchern. 18 Jahre und einem Umzug nach Weil am Rhein später, hat es sich zu einem waschechten und namhaften Festival mit einer Besucherzahl von knapp 2500 Menschen gemausert. Somit gilt es derzeit als das größte Underground Metal Festival in Baden-Württemberg. Durch seine Lage im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und der Schweiz (jeweils fußläufig zu erreichen) ist das Festival international besucht und sorgt für eine illustre Vielfalt des Publikums. Sogar die Szene Größe Marcel “Schmier” Schirmer der deutschen Thrash Metal Band "Destruction" ließ sich nicht lumpen und trieb sich als Gast auf dem Gelände herum.

 

Fotos: Michael Meyer & Beau Röper

Text: Beau Röper 

Freitag 21.07.23

 

Die Freude auf das kommende Wochenende war in jeder Faser zu spüren, als man sich die beachtliche Schlange vor dem Einlass betrachtete. Kurzentschlossene mussten leider für ihren Festivalbesuch etwas Standfestigkeit mitbringen, während Vorbesteller recht kurz und schmerzlos das Bändchen samt Verzehrkärtchen ausgehändigt bekamen und den heiligen Rasen betreten durften. Das Gelände war in zwei Bereiche aufgeteilt, der Marktbereich mit zahlreichen Imbiss- und Getränkeständen, Sitzgelegenheiten, Wetterschutzzelte, Tattoo- & Piercing Möglichkeit sowie selbstverständlich die Merchandise Zelte. Der zweite Bereich war natürlich der Konzertbereich, ebenfalls mit Getränkestand, Wetterzelten, Sitzareal, Rollstuhlbühne und sogar mit einem Raucherbereich ausgestattet. Auf der Rückseite der Verzehrkarten war das Lineup der zwei Tage abgedruckt und pünktlich zur versprochenen Zeit und bestem Wetter eröffnete die deutsche Thrash Metal Band THE PROPHECY 23 offiziell das Spektakel. Aus nicht weiter genannten Gründen ersetzte der ehemalige Sänger Philipp den verhinderten Luca am Mikrofon und diese Ersatzmaßnahme schien direkt zu passen wie ein altes Paar Schuhe. Leider stand ein Großteil der Besucher immer noch am Einlass, sodass die Meute für diesen Festival Opener leider etwas dürftig ausfiel. Das Publikum hätte von der Erfahrung weiterer Metalheads durchaus profitieren können, so fingen sie nach der Aufforderung zu einer Wall of Death aus lauter Euphorie den ersten Moshpit des Wochenendes an und sorgten für eine belustigte Verwunderung auf und neben der Bühne. Dies tat dem kräftigen Einstand allerdings keinen Abbruch und alle waren gespannt auf mehr.

 

 

Weiter ging es mit den ebenfalls aus Deutschland stammenden LACRIMAS PROFUNDERE und machten mit uns einen Ausflug ins Dark Rock Genre. Erinnerte diese Musik mit dem androgynen Auftreten des Sängers erst an Lord of the Lost, so reagierte das Publikum anfangs noch eher verhalten, allerdings schaffte es Sänger Julian recht schnell durch seine unglaubliche Bühnenpräsenz das Publikum für sich einzunehmen und spätestens sein Gang singend durch die Menge sorgte für einen der erinnerungswürdigen Momente des Festivals. Es wäre nicht überraschend, wenn sich LACRIMAS PROFUNDERE durch diesen Gig etliche Fans dazu gewonnen hätten. Trotz des holprigen Namens war der Auftritt eine runde Sache.

 

 

Als nächstes kam SAOR, eine schottische Folk Metal Band die den meisten ebenfalls eher unbekannt war, allerdings zur Überraschung vieler, einen der wohl stärksten Auftritte des Wochenendes hinlegten. Wer hätte gedacht, dass sich düstere Riffs, Death Metal Beats und Growling Gesang in Kombination mit Flöte doch noch mehr nach Metal denn nach Folk anhören können. Ihnen gelingt das Kunststück den passenden Spagat zwischen diesen Richtungen zu meistern, ohne Übergewicht in eine der Richtungen zu bekommen. Besonders die Instrumente, teils separat agieren zu lassen, verleiht den Instrumentalpassagen ein unglaubliches Gewicht und ließ so einige Kinnladen fallen. Definitiv eine Band, die man sich merken sollte.

 

 

Wenn man sich schon so nah an der französischen Grenze befindet, dass man einen Stein rüber werfen könnte, war es nur eine Frage der Zeit bis sich die erste Kombo von drüben die Ehre gab. Und zwar in Form von der Deathgrind Band BENIGHTED. Das war genau das Geballer, auf das viele gewartet haben. Endlich konnte man im langsamen Sonnenuntergang die Mähnen fliegen lassen und sich zur Maschinengewehr Artigen Doublebass der kuschelig liebenden Wärme des Pogokreises ergeben. Das war genau der Auftritt, den die Menge gebraucht hat. Bisher also eine wunderbare Auswahl an Bands und Genres. 

 

 

Mit der Industrial Metal Band SAMAEL hat es nun auch die Schweiz auf die Blutgebadeten Bretter geschafft, aber sie legten leider auch einen der schwächeren Shows des Festivals ab. Das ist natürlich recht subjektiv, aber wenn ich als Schlagzeuger eine Band mit Drumcomputer sehe, gehen bei mir einfach schon die Lichter aus. Trotz Konservenschlagzeug beherrschen sie ihr Handwerk, konnten allerdings das Feuer nicht nennenswert weiter entfachen und surften auf der schon bestehenden Euphoriewelle durch ihren Auftritt.

 

 

Nun war es Zeit für den Headliner. KATATONIA aus Schweden ersetzen die ursprünglich geplanten Death Metal- Briten Paradise Lost und brachten den ersten Festivaltag zum Ende. Die Sonne hatte es nun zwar auch mal zum Untergang geschafft, allerdings wollte auch im Dunkeln der Funke nicht richtig zünden. Mit ihrem schwermütigen, psychedelischen, spektralen, transzedentalischen, Katharsis verursachenden Melodrammetal war es nur schwer Fuß zu fassen wenn die musikalische Atmosphäre einen in eine dunkle, stürmische, eisige Nacht unter Polarlichtern des schwedischen Eismeeres versetzen möchte, man aber in einer kuschelig warmen Sommernacht bei 25°C Barfuß auf der Wiese steht. Dennoch ein unglaublich hohes, kompositorisches und musisches Qualitätslevel. Derartige Musik werden nur wenige Menschen in einem solchen Anspruch entwickeln können. Nur benötigt eine Band wie KATATONIA eine dementsprechende Umgebung. Da diese natürlich außerhalb jeder beeinflussbaren Möglichkeit liegt, kann man ihnen das schwer ankreiden. Allerdings merkt man ihre Abhängigkeit dieser atmosphärischen Wechselwirkung. Nichtsdestotrotz war es ein gelungener Auftritt und ein toller verdienter Feierabend für den ersten Tag. 

 

Samstag 22.07.23

 

Im Gegensatz zum Vortag brannte die Sonne mit aller Gewalt von früh bis spät gnadenlos auf die Menge herab, doch das hielt die deutschen Festival Debütanten MAYFLOWER nicht davon ab den ersten Zuschauern morgens um Viertel vor Zwölf noch etwas Feuer unterm Arsch zu machen. Den Metalcore-Newcomern merkte man den Spass mehr als deutlich an, so standen sie bisher nur als Fans auf dem Platz, haben sie es nun als Sieger des “Blood Battles” auf die Bühne geschafft. Für ihren ersten Festival Gig nicht schlecht, weitermachen Jungs!

 

 

Erinnerte das Intro noch an Psychohorror aus alten Gruselfilmen wirkte GODSLAVE mit ihrer “positiven Aggression” erfreulich kontraer und gaben den Zuschauern in feinster Thrash Metal Manier eine halbe Stunde lang so richtig schön aufs Maul. Harte Riff, schnelle Soli und eine Performance, die sich gewaschen hat. Die Jungs aus dem Saarland sind Profis und wissen, wie man ein Festival in Bewegung bringt. Der Auftritt hat einfach Spaß gemacht, so ist es verwunderlich, dass sie keinen späteren Startplatz bekommen haben.

 

 

AEPHANEMER sind eine aufstrebende französische Melodic Death Metal Band, auf die viele wirklich gespannt waren und hohe Erwartungen hatten. Es ist schon erstaunlich, was Sängerin Marion für Screams an den Tag legen kann. Musikalisch erinnern sie stark an Children of Bodom, wer also mit deren Musik groß geworden ist, wird sich bei AEPHANEMER sicher wie zuhause fühlen. Den hohen Erwartungen konnten sie gerecht werden und ihr Ruf als aufstrebende Band ist nicht nur hohler Flurfunk, sondern durchaus gerechtfertigt. Man darf der Zukunft dieser Band gespannt entgegenschauen. Ein durchaus gelungener Auftritt, der die Menge gut auf Kommendes vorbereiten konnte.

 

 

Die Sonne brannte mittlerweile gnadenlos herunter, sodass während des Auftritts der deutschen Death Metaller SULPHUR AEON die Securitys den Wasserschlauch zückten und für die dringend benötigte Abkühlung sorgten. Doch so schnell das Wasser die Menge traf, so schnell verdunstete es im Getümmel, in der die schweren Riffs wie ein Nebelteppich vor der Bühne waberten. Auch wenn die Sonne noch hoch stand, wurden jetzt düstere Töne angeschlagen. SULPHUR AEON brüllte der moshenden Menge Lovecrafts Cthulhu Mythen um die Ohren, dass einem Bange werden konnte. 

 

 

Der Nachmittag stand nun eindeutig im Zeichen des Death Metal. DEMONICAL aus Schweden gaben sich nun die Ehre und Death Metal Schweden tun, was Death Metal Schweden eben tun. Für gewöhnlich würde man meinen, dass Sänger vor einem Auftritt Stimmübungen machen um sich stimmlich vorzubereiten, dieser hier scheint vorher 40er Schleifpapier gegessen zu haben so rau und brutal dröhnte sein Growling übers Gelände, dass man hätte meinen können das Tor zur Hölle habe sich geöffnet. Hier war also der Name Programm. Leider drückte die Hitze schon sehr aufs Gemüt des Publikums. Der Wille war da, das Fleisch war schwach und so konnten die Zuschauer diesem starken Auftritt, trotz Wasserspritze nicht wirklich gerecht werden. 

 

 

Als nächstes trat das dänische Urgestein ILLDISPOSED auf den Plan. Existiert die Band schon seit 1991, gehört sie dennoch lange nicht zum alten Eisen, sondern zeigte dem Festival, wo hier der Death Metal Hammer hängt und ließen die Heide ordentlich wackeln. Knallhart, düster, mit eingängigen und doch melodischen Riffs zu dröhnenden Growls und einem Schlagzeuger der im Vergleich zu anderen Genre Vertretern nicht wie ein Achtbeiniger auf seine Bassdrum stiefelt, wurde hier der Beweis erteilt, dass in Death Metal durchaus mehr steckt als nur stumpfsinniges Geschrammel ohne Sinn und Verstand.

 

 

“Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, soll man den Mund halten!” So sehr ich an dieser Stelle dem guten alten Klopfer recht gebe, aber irgendetwas muss ich über SOENs Auftritt schreiben. Allerdings wäre es vermessen, dieses Fiasko allein der Band zuzuschreiben. Nein, die Band besteht aus großartigen und talentierten Musikern, allesamt. Das steht für mich außer Frage. Die Problematik lag nicht in der Performance, sondern vielmehr an der Organisation bzw. der Positionierung im Line-up. Bestand der ganze bisherige Tag nur aus gnadenlosem Geballer zum abschädeln erschienen SOEN mit ihrem progressiven Rock und Klargesang eher seicht und Fehl am Platz. Eine Besetzung an den etwas Genre gemixten Vortag oder ein Platztausch mit GODSLAVE hätte diesen Auftritt nicht so negativ herausstechen lassen. So nutzten leider viele die Zeit, um sich zu stärken, zu erholen und sich für DARK FUNERAL vorzubereiten.

 

 

Die Sonne sank stetig, aber langsam, so war die Umgebung leider noch alles andere als "dark" als sich die Düsternis in Menschengestalt und Corpsepaint alias DARK FUNERAL feinsten Schwelbrand-Artigen schwedischen Black Metal zum besten gab. Es liefen auch erstaunlich viele Kinder auf dem Festival herum, die es augenscheinlich gut verkrafteten aber wenn es die Nacht schlaflose Kinder in nassen Betten gegeben hat, wäre es nach dieser Co-Headliner Show auch kein Wunder gewesen. Black Metal in Reinkultur, eine Band in Höchstform und ein Sänger, als wäre er vorhin erst aus dem Schlund der siebten Hölle entstiegen. Sagenhaft. Leider gibt es auch hier ein ähnliches Problem wie am Vortag mit KATATONIA; Eine Band, die mit ihrer Musik und ihrem Auftreten so eine wahnsinnige Atmosphäre erzeugt, ist ebenfalls auf eine dementsprechende Wechselwirkung angewiesen. DARK FUNERAL trägt es ja schon im Namen, Dark - nicht taghell! Aber das soll weniger Kritik als vielmehr penibles mosern um des mosern willens sein. Starker Auftritt.

 

 

Nun war es Zeit für den Festival Headliner DARK TRANQUILLITY. Der schwedischen Melodic Death Metal Band rund um Tausendsassa Mikael Stanne, der vor allem die weiblichen Herzen einen ähnlichen Beat schlagen ließ wie der Drummer von DEMONICAL. Die Sonne war endlich untergegangen und die Bühnenbeleuchtung konnte nun die Szenerie erzeugen, die einer Band wie dieser würdig war. Die Befürchtung die sich vor dem Konzert etwas breit machte, dass die Mitglieder nicht mehr vollumfänglich bei der Sache wären und DARK TRANQUILLITY nur noch als “Dienst nach Vorschrift” wahrnehmen würden, entpuppte sich als unbegründet. Der Spaß, den sämtliche Bandmitglieder auf der Bühne hatten, war bis in die letzte Reihe deutlich zu sehen, zu hören und auch zu spüren. Mikael gab alles und zusammen mit seinen Mitstreitern spielten sie zur freudigen Überraschung aller, viele ihrer alten Klassiker und beschränkten sich nicht nur auf die aktuelle Platte. Man könnte die Songauswahl durchaus als ein “Best of” bezeichnen. Ein fulminanter Auftritt für ein fulminantes Festival. Leider war klar, dass nach diesem Auftritt das Festival vorbei sein würde und wir allesamt wieder aus dieser wunderschönen Parallelwelt zurück in die Realität mussten. Als sie mit ihrem Klassiker "Misery's Crown" den Deckel zumachten, war die Stimmung freudig aber auch ernüchternd, traurig… Es war nun vorbei. Als Erinnerung bleibt auf jeden Fall ein starkes Festival mit einem starken Closer von DARK TRANQUILLITY.

 

 

Als Fazit bleibt mir nichts anderes zu sagen, als dass es eines der besten “kleinen” Festivals ist, welches es im deutschsprachigen Bereich gibt. Als einziges nennenswertes Manko bleibt nur anzumerken, dass es zwar einen Parkplatz zur Übernachtung- aber keine Campingmöglichkeit gibt. Dies trübt natürlich das Festivalfeeling, wenn man abends in einem Hotelzimmer sitzt und nicht auf der Wiese mit seiner Traube an Leuten. Leider sorgt dieser Umstand auch dafür, dass man regelrecht auf dem Gelände “gefangen” ist und sich nicht mal eben zum Power Nap kurz ablegen- oder sich generell mal etwas zurückziehen kann. Ebenso ist man dementsprechend nur auf die Verpflegungsstände angewiesen. Diese sind zwar preislich sehr moderat, aber das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, ist etwas drückend. Wie schon gesagt war die Auswahl durchaus groß und vielfältig und das “Problem” lag sicher nicht in der Verantwortung der Veranstalter, sondern hatte sicher stadtpolitische Gründe. Die Toilettensituation ist hier besonders positiv hervorzuheben! Es war für alle Befindlichkeiten genügend vorhanden und alles sehr sauber und gepflegt. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass mir gleich der Ekelherpes das Gesicht verquaddelt.

 

Baden in Blut” ist wirklich noch ein besonderes Festival, wo man die Liebe zur Musik der Veranstalter in jeder Ecke förmlich riechen kann. 

 

Was bleibt mir zum Abschluss noch anderes zu sagen als:

 

Weil am Rhein, Ihr seht mich wieder!

 

Bis nächstes Jahr!

 

 


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